Freiheit - ein großes Wort mit vielerlei Bedeutungen, je nachdem, für wen. "Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet." So definiert die 1789 von der französischen Nationalversammlung verabschiedete Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte den Begriff. Freiheit - ein Wort, das Flügel verleiht. So ließe sich das Coverbild der aktuellen Ausgabe der Comicanthologie Spring zum Thema Freiheit interpretieren: Eine Gestalt mit großen, erhobenen Schwingen scheint durch die Luft zu laufen. Weißer Freiraum auf hellblauem Grund bildet die Umrisse, von dem weiblichen Körper sind lediglich die wie im Lauf angewinkelten Beine und die Wölbung einer Brust zu erkennen; darauf blitzen provokant zwei rote Punkte hervor: entblößte Brustwarzen - eine Form der Freiheit, die für Frauen nicht selbstverständlich ist.
Das Zeichnerinnen-Kollektiv Spring hat mit dieser 18. Ausgabe wieder eine Sammlung von Beiträgen auf hohem Niveau vorgelegt. Zwölf Künstlerinnen setzten sich mit dem Begriff "Freiheit" auseinander, jede auf ihre Weise, was Stil und inhaltlichen Ansatz angeht. Von abstrakt bis figurativ, von phantastisch bis realistisch.
In der ersten Geschichte The Wall zeichnet die als Kind in der DDR aufgewachsene Doris Freigofas in plakativ-malerischen Bildern eine rote Backsteinmauer, an deren Zerstörung oder Überwindung sich eine Frau auf mehreren Seiten vergeblich abarbeitet - bis sich am Ende der Blickwinkel weitet und die Mauer sich als ein freistehendes Stück Wand vor blauem Grund entpuppt.
Stephanie Wunderlich erzählt in ihrem Beitrag Eh nichts passiert von unbeschwerter Freiheit in Kindertagen, die sie als Heranwachsende jäh verliert, als sie allein auf dem Rad im Wald von einem Mann bedrängt wird und nur knapp entkommt. Die Zeichnungen abstrahieren in geometrischen Formen und Linien und drücken doch deutlich die einengende Angst der jungen Frau aus - am Ende allerdings auch Triumph: Wenn später ihre drei Töchter mit wehenden Umhängen und gereckten Armen am oberen Bildrand fliegen, ganz offensichtlich frei sich zu entfalten.
Zwischen längere Geschichten sind kleine, pointierte Szenen in einem Bild geschaltet, zum Beispiel von marialuisa, die in lockerem Bleistiftstrich mit der Kehrseite vermeintlicher Freiheit spielt.
So unterschiedlich die Beiträge der einzelnen Zeichnerinnen sind, bilden sie gemeinsam ein großes Ganzes: Sie werden, wie auch schon bei den vorigen Spring-Heften der Fall, von einem konsequenten Farbschema als grafischer Klammer zusammengehalten.
Spring (Hrsg.): Spring #18 - Freiheit, 224 S., Mairisch Verlag, 24 EUR
Abbildung aus Spring #18 - Freiheit, © Spring
Dieser Text ist erschienen im Comic-Magazin STRAPAZIN, Ausgabe 146