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© Tardi & Schreiber und Leser
28.07.2023

Adeles allerletztes Abenteuer

Es ist schön, die spröde Heldin mit Hang zum "blanc-sec", zum trockenen Weißwein, wiederzusehen, die Männer mit schwarzen Melonen, das regennass glänzende Pariser Kopfsteinpflaster, die Belle Epoque-Häuser an breiten Boulevards, die verschnörkelten Plakatsäulen und die Lautmalereien in blockigen, bauchigen, bunten Buchstaben. (Hier gibt es eine Leseprobe auf der Seite des Verlags.)

Tardis Zeichnungen sind immer noch unverkennbar, wenn auch gröber geworden. Es gibt wunderbare Figuren in Fantômas-Verkleidung, zu anthropomorphen Rindern mutierte Menschen, das vermeintliche Wundermittel eines Scharlatans lässt den Leuten Wucherungen aus den Ohren kringeln und Pusteln auf der Haut blühen - und im Park Buttes-Chaumont schlängeln sich rote Tentakel wie aus dem Nichts in einen kurz unbeaufsichtigten Kinderwagen und entwenden das darin befindliche Baby.

Die Story ist nicht weniger verworren als die der vorigen Adele-Bände, und sie ist gespickt mit Verweisen und Anspielungen auf diese. Es lohnt sich daher, die Serie bei dieser Gelegenheit nochmals von Anfang an zu lesen, beginnend bei Adele und das Ungeheuer, denn dort wo der 1976 erschienene Band begann, endet dieser allerletzte.

Jacques Tardi: Adeles ungewöhnliche Abenteuer - Das Baby im Park Buttes-Chaumont, ÜS: Martin Budde, 64 S., Schreiber und Leser, 19,80 EUR.

Abbildung aus Adeles ungewöhnliche Abenteuer – Das Baby im Park Buttes-Chaumont von Tardi © Tardi & Schreiber und Leser
Dieser Text ist erschienen im Bonner Stadtmagazin Schnüss, Ausgabe 07/2023