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01.09.2024

Im Goldrausch

Die Spanierin Núria Tamarit (Toubab) erzählt in ihrem neuen Comic Die Polarwölfin eine feministische Geschichte ums Überleben. Ins Auge fallen zunächst opulente Doppelseiten, auf denen Tamarit Landschaften in malerischem, weichem und etwas naiv anmutendem Strich mit einem guten Schuss Magie abbildet. Der Himmel ist bedeckt von weißen Lichtpunkten, die Reflexe, Sterne oder Irrlichter sein könnten. Mal ist er tiefschwarz schattiert, mal leuchtet er in den Pastelltönen der Morgenröte, mal hängt er bleischwer voll purpur-dunklen Gewitterwolken, unter denen sich die wenigen dürren Bäume neigen.

Diese Bilder versinnbildlichen die mächtige Gewalt der Natur, die sich gegen Ausbeutung wehrt - ihre Gegenwehr wird verkörpert durch eine riesenhafte weiße Wölfin, die gierige Plünderer von Naturschätzen gnadenlos jagt. Tamarits Comic hat eine Ich-Erzählerin, eine junge Frau namens Joana, die sich einer Expedition von Goldgräbern anschließen will. Joana hat auf dem "alten Kontinent" alles verloren (ihr glückliches Leben dort früher wird rückblickend in hellen, leuchtenden Farben geschildert) und sucht ihr Glück in einem verheißungsvollen "Eldorado", von der sie gehört hat.

Ihre Überfahrt führt sie in eine archaische, von Männern dominierten Welt im Goldrausch. Kein Trupp will eine Frau aufnehmen, und so schlägt sich Joana allein durch. Bis sie Tala begegnet, die sich durch besondere Kenntnisse und List in einer patriarchalen Bande zu behaupten versucht. Dritte im Bunde ist die alte Heilerin Opal, die nur wegen ihrer medizinischen Fähigkeiten geduldet wird. Die drei Frauen schließen sich zusammen, um sich auf eigene Faust ihren Teil Gold zu sichern, aber - das ist ihre Prämisse - nicht mehr, als sie benötigen, um sich ein neues Leben aufzubauen.

Núria Tamarits Comic liest sich wie eine Parabel in kraftvollen Bildern auf den von Menschen betriebenen Raubbau an der Natur.

Núria Tamarit: Die Polarwölfin, ÜS: André Höchemer, Reprodukt, 216 S., 29 EUR.

Abbildung aus Die Polarwölfin von Núria Tamarit © 2024 Reprodukt
Dieser Text ist erschienen im Bonner Stadtmagazin Schnüss, Ausgabe 09/2024