Die Nomadin Lis und ihre Pflanzenhybridfreundin Lun irren durch die Schwarzen Sümpfe. Ein schmaler Holzsteg markiert den Weg, drumherum wabert und wolkt es düster grüngrau. Die beiden suchen die "Große Bibliothek", wo sie ein Gegenmittel für die "Grüne Seuche" zu finden hoffen, die ihren Planeten befallen hat. Im 2018 erschienenen ersten Band von Grün - ihrem Comic-Debüt - hat die junge Zeichnerin Frauke Berger aus Münster die Welt eines einst florierenden Planeten entworfen, den seine Bewohner ausgebeutet und zu einem lebensfeindlichen Ort gemacht haben; die noch übrigen Völker pflegen Feindschaften untereinander und kämpfen ums Überleben.
Während Berger sich im ersten Band viel Zeit damit ließ, die Situation zu erklären und die Hauptfiguren einzuführen, zieht sie das Tempo im abschließenden zweiten Band an. Die eingefleischte Einzelgängerin Lis mit ihrer kleinen Schwäche für Rindenwein und die im Kontakt mit der Seuche zu einem Hybridwesen mit pflanzlichen Gliedmaßen mutierte Lun treffen das Geistermädchen Haan. Damit ist die kleine Crew komplett und zieht gemeinsam weiter mit der Mission, den Planeten zu retten. Das erfordert neben Mut auch List, Verhandlungsgeschick und Opfer.
Bergers auf zwei Bände angelegte Genre-Geschichte mit Elementen von Science Fiction, Fantasy und Öko-Dystopie, beeindruckt schon durch die Zeichnungen, die zum Teil an Moebius erinnern; auf Splashpanels und Doppelseiten und über Panelgrenzen hinweg wuchern phantastische Welten mit den sonderbarsten Bewohnern und haarsträubenden Gefahren. Und das alles in einer Palette aus gedeckten Farben, die je nach Stimmung, Situation oder Zeitebene von düsterem Grau über das titelgebende Grün, Rot-, Braun- und Violettschattierungen bis zu fahlem Gelb reicht.
Frauke Berger hat mit Grün ein komplexes Setting entworfen, das Konzentration beim Lesen erfordert. Aber es lohnt, sich darauf einzulassen. [B.B.]
Frauke Berger: Grün. Band 2 von 2, Splitter, 68 S., 15,80 EUR.
Abbildung aus "Grün. Band 2 von 2" von Frauke Berger, © Frauke Berger / Splitter Verlag 2019
Dieser Text ist erschienen im Bonner Stadtmagazin Schnüss, Ausgabe 03/2019