Jan Bauer erntete mit seinem Backpacker-Reisebericht Der salzige Fluss 2014 viele gute Kritiken. Darin erzählte er in schwarzweißen Bildern von seiner Wanderung über Hunderte Kilometer durch das australische Outback auf der Suche nach innerer Einkehr. Es ging damals um Introspektion, um die Verarbeitung einer persönlichen Krise.
Jan Bauers neuer Comic Unter rotem Staub führt wieder nach Australien, in die Wüstensiedlung Yuendumu von Warlpiri-Aborigines - in den Zielort der Wanderung am salzigen Fluss. Dieses Mal aber geht der Blick nach außen, nimmt Menschen, Mythen und Geschichte des Ortes unter die Lupe.
Schwarzweiß-grau und detailreich zeichnet Bauer die Landschaften mit ihren Felsen, Bäumen und weitem Sternenhimmel, die Siedlung mit ihren Wohnhäusern, Zäunen, unbefestigten Wegen. Sich selbst stellt er wieder mit Knopfaugen, gestricheltem Bart und breitkrempigem Hut dar, eine sympathische Figur, die ihre Eindrücke und recherchiertes Wissen teilt. (Hier gibt es eine Leseprobe auf der Seite des Verlags.)
Bauers Comic gliedert sich in zwei Teile: Der erste spielt in der Siedlung Yuendumu, wo Bauer nach seiner großen Wanderung in einem Kunstzentrum als ehrenamtlicher Helfer unterkommt und erste Kontakte knüpft - unter anderem zu einem Warlpiri namens Phil, der ein Freund wird.
Die Rückkehr nach Hamburg stellt eine jähe Zäsur dar - plötzlich entfalten sich auf den Seiten keine weiten Landschaften, keine dösenden Hunde, kein Laisser-faire mehr. Sondern in ein strenges Raster aus quadratischen Panels gepfercht sind die Enge, die Hektik und die Zwänge des Alltags in Hamburg: Mehrspurige Straßen voller Autos mit jeweils einer Person darin, dazwischen winzig klein der Autor auf dem Fahrrad, eilende Menschen mit leeren Blicken, ein Tisch voller Briefe, die bearbeitet werden wollen. Doch das ist ein kurzes Intermezzo auf einer Doppelseite.
Denn wie der rote Staub sich nicht aus den Klamotten waschen lässt, bleibt auch die Sehnsucht haften. Bauer kehrt im folgenden Jahr nach Yuendumu zurück - und erfährt, dass Phil nicht mehr lebt. Er begibt sich auf eine Spurensuche, um die letzten Stationen im Leben des Freundes nachzuvollziehen, der in Polizeigewahrsam an Herzversagen starb.
Der Autor recherchiert historische Begebenheiten, die bis in die Gegenwart der Aborigines wirken, und illustriert seine Erkenntnisse zum Beispiel in einem gezeichneten aufgeschlagenen Geschichtsbuch mit einfachen Zeichnungen und wenig Text. Am Ende wird Phil im Beisein seiner gesamten Community begraben unter rotem Staub. Jan Bauer hat eine sehr einnehmende Comic-Reportage geschaffen, die unterhaltsam informiert, auch dank ausgelagerter Dokumentation im Anhang.
Jan Bauer: Unter rotem Staub, 256 S., Avant-Verlag, 26 EUR.
Abbildung aus Unter rotem Staub von Jan Bauer, © Avant-Verlag/Jan Bauer
Dieser Text ist erschienen im Comicmagazin STRAPAZIN, Ausgabe 151