Hervé Barulea alias Baru hat sich in seiner Jahrzehnte langen Karriere als Comicautor vor allem den Außenseitern und sozial Schwachen gewidmet. In seinem großen Werk Autoroute du Soleil begleitet er die Jugendlichen Karim und Alexandre auf der Flucht vor rechten Schlägern durch Frankreich, während er in der Serie Die Sputnik-Jahre Einwandererkinder im Lothringen der 50er zwischen Hochöfen, Bandenkämpfen und Satelliten im All porträtiert. Baru ist im Sommer 70 Jahre alt geworden und hat zuletzt 2013 einen düsteren Krimi von Jean Vautrin adapiert (Bleierne Hitze).
Jetzt ist eine Sammlung von Kurzgeschichten erschienen: Auftragsarbeiten, die in den vergangenen 20 Jahren Hier und Dort erschienen sind, daher der Titel. So unterschiedlich die Geschichten sind, sie zeigen alle unverkennbar Barus Handschrift, seine Sympathie für Underdogs, seinen schwarzen Humor. Ob sich eine alte Dame als doch gar nicht so hilflos herausstellt, eine Gruppe Comiczeichner Unfug im Museum treibt oder zwei Betonvorstadt-Jugendliche namens Abdelix und Kaderix beim Anblick einer grünen Minna aus dem Häuschen geraten, so wie ihre bretonischen Vettern, wenn die Römer sich endlich mal wieder in die Nähe des gallischen Dorfes trauen.
Auch grafisch sind die überwiegend kolorierten Geschichten echt Baru. Er wechselt die Blickwinkel und Bildausschnitte in den Panels auf den Seiten so, dass sie Tempo bringen. Die Zeichnungen wirken expressiv und karikaturenhaft, Baru verformt die Körper und verzerrt die Gesichter, um Wut, Angst, Hysterie oder wilde Freude auszudrücken. Die Aquarell-Farben unterstreichen die Stimmungen in Blutrot, fahlem Beige oder unheilvollem Schwefelgelb.
Baru liefert zu jeder Geschichte kurz den Hintergrund, eine schöne persönliche Note. Insgesamt keiner der großen Würfe, die Baru schon hingelegt hat - aber doch eine feine kleine Sammlung. [B.B.]
Baru: Hier und Dort. Nach einem Roman von Philippe Claudel, ÜS: Uwe Löhmann, 104 S., Edition 52, 18 EUR.
© Abbildung aus "Hier und Dort" von Baru, Edition 52
Dieser Text ist erschienen im Bonner Stadtmagazin Schnüss, Ausgabe 01/2018